Wo sind die Schätze versteckt?

Eine Erzählung zum Nachdenken

Wo sind die Schätze versteckt?
Wenn der Kopf das Herz findet.

Fortsetzung der Erzählung
„Was steckt vom Urmenschen heute noch in uns?“

„Sag Pablo, wie kommt es, dass Ihr hier im Dorf alle so herzlich und freundlich seid?“

„Ja, das ist eine gute Frage. Es kommt daher, dass wir uns gegenseitig schätzen, helfen und respektieren. Wir haben eine großen Schatz, der uns in allen Lebenslagen hilft.“

Ich fragte Pablo: „Was ist dieser Schatz?“

Er antwortete: „Es ist unser Tanz und die Menschen, in Verbindung mit der Musik. Er ist der Ausdruck unserer Lebensfreude und Authentizität, Selbstaktivierung und Solidarität.“

Mich beeindruckten seine Worte sehr, jedoch musste ich auch an die Vorurteile denken, die viele Menschen bewusst oder unbewusst gegenüber dem Tanz haben.

Pablo sagte: „Das ist ein großes Problem. Ihr seid oft blockiert und werdet dadurch krank und seid ständig gestresst.“

Er erwähnte noch: „Der Tanz ist bei uns eine Urerfahrung, er verbindet uns mit uns selbst, dem inneren, aktiven Strom einer kosmischen Disziplin, Ordnung und Harmonie. Es ist eine Urerfahrung unserer Energie, die alles Leben in Bewegung hält. Es ist unser Körper, der spricht, er drückt aus, wie wir uns fühlen und was wir mitteilen wollen. Unsere Körpersprache ist das Spiegelbild unserer Emotionen, denn der Körper lügt nicht, er ist die ehrlichste Sprache der Welt!“

Diese Begegnung mit Pablo fand 1976 auf einer Studienreise statt. Heute, nach dieser längst vergangenen Begegnung, weiß ich selbst, wie es sich anfühlt, wenn man Sorgen und Ängste wie eine schwere Kugel fest und verschlossen in sich trägt. Ich weiß auch, dass sie heute in vielen Menschen verweilt. Durch Pablos Aussagen wurde mir immer klarer, warum viele Menschen emotional blockiert sind und keine guten Gefühle mehr aus sich selbst heraus entwickeln können. Sie fühlen sich oft wie eine Instrument, welches ständig gut zu funktionieren hat.

Auch heute noch erinnere ich mich sehr gerne an Pablo, eine weiser Mediziner in einem kleinen Dorf in Tansania. Sein Wissen über die Menschen und ihre Kultur war sehr beeindruckend. Gelernt habe ich durch ihn, dass unsere Urtümlichkeit aller Bewegungsabläufe schon vor Jahrtausenden in Afrika präsent waren. Hier zeigt uns eine alte Kultur unseren Urkern, aus dem Emotionen und Bedürfnisse zu erkennen sind und der diese körpersprachlich, also nonverbal zum Ausdruck bringt. Verstecken wir unsere natürlichen Empfindungen aber, dann leben wir eigentlich gar nicht.

Gelernt habe ich auch in Afrika, dass Emotionen Überlebensimpulse sind, die im Reptiliengehirn, der ältesten Hirnregion entstehen, und das schon seit 280.000 Jahren. Erklärt hat mir Pablo noch, dass wir der menschlichen Ratio zu viel Aufmerksamkeit schenken und ihr dabei zu viel zutrauen. Wenn wir nur erkennen würden, wie unerfahren sie eigentlich ist. Gespürt habe ich das selbst sehr hautnah, als ich mit einen Affen tanzte, der mich anlächelte und mir seine Tatze zum Tanz reichte. Ich weiß, es klingt sehr unwirklich, jedoch ist mir heute klar, dass wir den Primaten sehr ähnlich sind, auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen. Pablo, Simba und die Herzlichkeit der Ureinwohner gaben mir ein Fundament fürs Leben. Hier berührte der Kopf das Herz, die Verbindung, welche mich bis heute hält.

Ich habe durch diese Erlebnisse Schätze entdeckt, die ich später in meiner beruflichen Arbeit und in meinem persönlichen Leben integrierte und sie vielen Menschen mitgeben konnte. Natürlich muss es nicht der Blick über den Horizont sein oder ein Afrika-Aufenthalt, um Schätze für sich zu entdecken. Wenn die Kugel unserer inneren Blockaden einmal in Bewegung kommt, sie aufspringt, wird sie nicht mehr nur mit dem Verstande, sondern gleichermaßen mit dem Herzen wahrgenommen werden.

Ich denke oft an Simba, denn er war für mich der lebendige Beweis, dass Schimpansen sich rhythmisch zur Musik bewegen können, sehr charismatisch und herzlich sind. Forscher beweisen schon länger, dass demnach das Tanzen schon die Vorfahren von Mensch und Schimpanse im Blut hatten.

Wenn wir Menschen uns einmal von der Ratio, also vom Kopf her, trauen würden, uns unserem Urkern anzunähern und es zulassen, ihm auch zu begegnen, dann würden wir in uns selbst wahrhaftige Schätze entdecken. Diese bilden ein festes Fundament für die Kopf-Herz-Vernetzung und das eigene Leben – das allerbeste Werkzeug der Selbstaktivierung, Resilienz, Krisen- und sozialer Kompetenz. Das klingt für mich sehr nach einer neuen Orientierung in Richtung Zukunft.

Unser aller Leben ist Bewegung. Alles, was sich bewegt, ist in uns, und die Aktivierung dieses inneren Bewegungsflusses finden wir in der Kunst, im Tanz, und in Vielem mehr. Dies ist ein ganz natürlicher Bestandteil unseres Wesens, den wir als Ausgleich für die Polarität des Lebens unbedingt brauchen.

Es wäre für mich eine große Freude, Sie hier ein wenig inspiriert zu haben. Vielleicht können auch Sie einige Schätze für sich entdecken.

Renate Scharrer